Umstrittener Atommüll-Export    DLZ vom 03.03.2018
Gegner kritisieren den Transport defekter Brennstäbe nach Schweden
Von Michaela Reh
Brunsbüttel – Der Export von 13 defekten Brennstäben aus dem Atomkraftwerk Brunsbüttel in die schwedische Forschungseinrichtung Studsvik Nuclear AB wird von Atomkraftgegnern heftig kritisiert. Nach Ansicht von Dr. Karsten Hinrichsen habe Vattenfall mit dieser Maßnahme gegen geltendes Atomrecht verstoßen. „Man darf strahlende Abfälle nicht einfach ins Ausland transportieren. Das verbietet das Standortauswahlgesetz“, sagt Hinrichsen, Sprecher der Initiative Brokdorf akut. Auf diese Weise sei das Exportverbot unzulässig ausgehebelt worden. „Und alle deutschen, dänischen und schwedischen Behörden haben brav mitgespielt.“ Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hatte in der vergangenen Woche bekanntgegeben, dass die 13 defekten Brennstäbe aus Brunsbüttel wie geplant im Forschungsinstitut Studsvik in Schweden eingetroffen sind. Die Brennstäbe wurden in den vergangenen drei Wochen mit drei Lkw-Transporten über Dänemark nach Schweden transportiert. An den 13 Stäben waren nach Inbetriebnahme des Atomkraftwerks vor mehr als 40 Jahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten Defekte aufgetreten. In Schweden solle jetzt erforscht werden, wie diese defekten Brennstäbe sicher gelagert werden können. Gegen die Forschung haben die Atomkraftgegner nichts einzuwenden. Sie stört vielmehr, dass die Reste der Brennstäbe nach Ende der Untersuchung bei Studsvik verbleiben. „Die Forschungszwecke sind aus unserer Sicht nur ein Vorwand, um die defekten Brennstäbe kostengünstig zu entsorgen“, so Dr. Karsten Hinrichsen. Er verstehe außerdem nicht, warum nicht das deutsche Forschungszentrum in Karlsruhe mit dieser Untersuchung beauftragt worden ist. Von der Forschung in Schweden erhofft sich der Betreiber Vattenfall Erkenntnisse darüber, wie defekte Brennstäbe zwischengelagert werden können – vor allem im Hinblick auf die Langzeitsicherheit. Das Forscherteam in Schweden will anhand der Untersuchungen weitere Erkenntnisse über die Veränderung von Materialeigenschaften sowie über das Trocknungsverhalten von Einzelbrennstäben gewinnen. Das geplante Untersuchungsprogramm wird voraussichtlich vier Jahre dauern. Die Erkenntnisse aus dem Forschungsvorhaben könnten damit auch anderen Betreibergesellschaften zugutekommen, die defekte Stäbe zu lagern haben. Vattenfall weist die Vorwürfe, die Forschungszwecke seien nur ein Vorwand, entschieden zurück. „Die 13 Brennstäbe sind nicht zu Zwecken der Endlagerung nach Schweden transportiert worden“, sagt Sandra Kühberger, Pressesprecherin von Vattenfall. Im Rahmen der Untersuchungen werden die Brennstäbe zerstört. „Die Untersuchung wird natürlich von Vattenfall finanziert“, so Kühberger. Zahlen konnte sie nicht nennen. Für die Forschung, die der Stromkonzern beabsichtige, sei nicht jedes Zentrum gleichermaßen geeignet: „Es ist eine gewisse Menge an Brennstäben für die hinreichende Absiche-rung der Datenbasis erforderlich. Das Labor in Studsvik verfügt über die dafür notwendige Kapazität“, so Kühberger. Innerhalb der weltweiten Organisation der Kernkraftwerksbetreiber hat sich der internationale Erfahrungsaustausch seit Jahrzehnten bewährt. Die Möglichkeit, gewonnene Erkenntnisse über Ländergrenzen hinweg zugunsten der weltweiten Sicherheit weiterzuentwickeln, komme letztlich allen zugute. Das Bundesumweltministerium weist darauf hin, dass das Standortauswahlgesetz nur den Export von Atommüll „zum Zweck der Endlagerung“ verbiete, doch das sei in diesem Fall nicht gegeben. Die Brennstäbe sind zu Forschungszwecken und nicht zu ihrer Endlagerung nach Schweden transportiert worden. Dass sie dort dauerhaft verbleiben sollen, spiele bei der Bewertung keine