Offener Brief an die Umweltministerkonferenz    Antiatomkraftgruppe Dithmarschen vom 26.10.2019
An die Mitglieder der Umweltministerkonferenz
UMK-Geschäftsstelle 2019
Behörde für Umwelt und Energie
Neuenfelder Straße 19
21109 Hamburg          xx.10.2019

Offener Brief

Aufnahme eines Tagesordnungspunktes für die nächste Umweltministerkonferenz:
„Umgang mit der Freigabe nach § 29 / § 31 der Strahlenschutzverordnung“

Sehr geehrte Frau Ministerin Schulze, sehr geehrte Damen und Herren Umweltminister*innen, wir, die unterzeichnenden Gruppen und Organisationen, halten es für dringend geboten, das Thema „Freigabe radioaktiver Stoffe“ auf die Tagesordnung der nächsten Umweltministerkonferenz zu setzen und die dazu vorliegende Kritik zu berücksichtigen. Da die Freigabe nach § 29/§ 31 der Strahlenschutzverordnung in die Zuständigkeit der Atomaufsicht der Bundesländer fällt, wenden wir uns mit unserem Anliegen an Sie. Seit mehreren Jahren - spätestens seit dem vermehrten Abbau von Atomkraftwerken in Deutschland – gibt es intensive Diskussionen in den atomkritischen Teilen der Bevölkerung und in verschiedenen Organisationen, die sich für Umwelt- und Gesundheitsschutz einsetzen. Diese haben zu einer ausführlich begründeten Kritik an der in § 29/§ 31 der Strahlenschutzverordnung geregelten „Freimessung“ geführt. Die wesentlichen Kritikpunkte sind: Die dafür zugrunde gelegten Daten und Berechnungen sind nicht nachvollziehbar, da Ausgangsbasis und Rechenvorgang nicht offengelegt sind; sie beruhen auf veralteten Annahmen und Daten und entsprechen nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik; die Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung durch radioaktive Strahlung und radioaktive Stoffe, gerade auch im Niedrigstrahlungsbereich, ist zu optimistisch angesetzt und muss neu bewertet werden. Bereits seit Jahren werden radioaktive Reststoffe aus Atomanlagen freigegeben und landen auf Deponien, in Verbrennungsanlagen und zur freien Verwertung in der Umwelt. Aus dem Abbau der Atomkraftwerke - [1]weitere Atomanlagen nicht mitgerechnet - sind in Deutschland mehrere Millionen Tonnen Müll zu erwarten, die als „freigemessene“ Abfälle auf Deponien, in Verbrennungsanlagen und zum allergrößten Teil zur freien Verwertung in die Umwelt verteilt werden sollen und dann nicht mehr rückholbar wären. Prinzipiell sind davon alle Bundesländer betroffen. Eine weitere Verteilung von radioaktiven Stoffen in die Umwelt darf nicht stattfinden, denn seit Jahrzehnten werden radioaktiv belastete Abfälle als „normaler“ Müll abgegeben, gleichzeitig wurde und wird die Bevölkerung mit radioaktiven Stoffen berieselt, aus den Schornsteinen und Abwasserrohren der Atomkraftwerke, aus Atomunfällen, Atombombenabwürfen und Atomtests. Wir fordern ein Moratorium bei der Freigabe von radioaktiv belasteten Materialien aus Atomanlagen. Das gesamte Material muss gesichert am jeweiligen Standort aufbewahrt werden, bis klar ist, welche Mengen in Deutschland insgesamt anfallen und ein Konzept zur langfristigen Aufbewahrung erarbeitet ist. In einer Studie des Gutachterbüros intac, die von IPPNW in Auftrag gegeben wurde, sind bereits konkrete Vorschläge dazu enthalten (Link: https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Stilllegung_Atom muell/Intac_Neumann_2016_IPPNW-Stellungnahme_AKW- Rueckbau_Freigabe.pdf ).
Mit freundlichen Grüßen