Konzerne streiten um Reststrom    DLZ vom 13.06.2019
PreussenElektra möchte die Krümmel zustehende Menge auf das AKW Grohnde übertragen

Von Almut Kipp
Hamburg - Die Stromkonzerne PreussenElektra und Vattenfall streiten sich um die sogenannte Reststrommenge für das 2011 stillgelegte Kernkraftwerk Krümmel in Geesthacht bei Hamburg. Am Donnerstag beginnt hierzu in Hamburg ein Zivilprozess, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Beide Konzerne sind zu jeweils 50 Prozent an der Krümmel-Betreibergesellschaft beteiligt. Eine Reststrommenge ist eine fiktive Größe: Hierbei geht es um die Menge Strom, die in Krümmel hätte weiter produziert werden können, wäre die Betriebserlaubnis nicht im August 2011 durch eine Atomgesetzänderung nach dem Reaktorunfall von Fukushima erloschen. Allerdings war das Kernkraftwerk aufgrund von Pannen schon seit Sommer 2007 fast durchweg vom Netz. Preussen Elektra möchte Reststrommengen von Krümmel auf das Atomkraftwerk Grohnde bei Hameln (Niedersachsen) übertragen lassen, da die dortigen Reststrommenge nach Unternehmensangaben voraussichtlich im Oktober aufgebraucht ist. Preussen Elektra beansprucht nach Gerichtsangaben 44 000 Gigawattstunden im Wert von rund 415 Millionen Euro. Um den Weiterbetrieb von Grohnde sicherzustellen, habe Preussen Elektra auch den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, ergänzte der Gerichtssprecher. Dadurch solle rund ein Viertel der beanspruchten Reststrommenge vorläufig nach Grohnde übertragen werden können. Vatten-fall Europe Nuclear Energy GmbH möchte die Reststrom menge von Krümmel dagegen am Markt veräußern. Mit Entscheidungen ist am Donnerstag voraussichtlich nicht zu rechnen. Um die von PreussenElektra beanspruchte Strommenge zu produzieren, muss ein Kernkraftwerk früheren Angaben zufolge etwa vier Jahre laufen. Grohnde darf bis Ende seiner Laufzeit 2021 am Netz bleiben. Früheren PreussenElektra-Angaben zufolge geht es vor allem um die Frage, ob der 50-Pro-zent-Anteil an Krümmel auch einen kostenlosen Anspruch auf 50 Prozent der Reststrommenge bedeutet. Für das Unternehmen ist die Klärung auch in Bezug auf das stillgelegte Kraftwerk Brunsbüttel wichtig. Auch an dieser Anlage in Sü derdithmarschen sind beide Prozessparteien beteiligt: Vat-tenfall mit 66,7 Prozent, der Rest entfällt auf die Preussen-Elektra-Muttergesellschaft Eon. Die Anti-Atom-Organisation „.ausgestrahlt" forderte unterdessen erneut, das Atomkraftwerk Grohnde umgehend abzuschalten. „Je älter der Reaktor wird, umso gefährlicher ist sein Betrieb", teilte die Organisation in Hamburg mit. Für die Stromversorgung werde das Kraftwerk nicht mehr benötigt. Es war im Jahr 1985 in Betrieb gegangen.