Rückbau liegt im Zeitplan    Norddeutsche Rundschau vom 08.06.2019
Nach einem aufwendigen Genehmigungsverfahren wird ein Start Ende des Monats angepeilt.
Brunsbüttel
Nach sechsjähriger Prüfung des Stilllegungs- und Rückbauantrags erhielt Vattenfall Ende Dezember des vergangenen Jahres die lang ersehnte Genehmigung für den Abriss des Brunsbütteler Kernkraftwerks. Jetzt drängt die Zeit. Das machte Kraftwerksleiter Markus Willicks beim „Klönschnack am Deich“ vor geladenen Gästen aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik deutlich.
Unseren Traum, am ersten Januar mit dem Rückbau voll loslegen zu können mussten wir aufschieben - sagte Kraftwerksleiter Markus Willicks.
Zunächst müssen die über 100 Auflagen und unzähligen Bedingungen aus dem 722-seitigen Stilllegungs- und Rückbauantrag in das Betriebshandbuch eingearbeitet werden, das die genauen innerbetrieblichen Abläufe reguliert. „Jede einzelne Seite muss von einem Sachverständigen der Behörde überprüft und genehmigt werden“, beschrieb Willicks den bürokratischen Aufwand. Bis Ende Juni will das Unternehmen soweit sein, damit es mit Rückbau des Reaktors beginnen kann.
Disput mit Natrurschutzverbänden beendet
„Dies ist das einzig terminkritische Vorhaben. Verschiebt sich dieses, verschiebt sich der gesamte Zeitplan für den Rückbau“, betonte Willicks. Ansonsten ist das Unternehmen mit allen vorbereitenden Maßnahmen im Zeitplan. Das betrifft auch den Bau des Lagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (LasmA). Nach heutigem Stand wird das Gebäude wie anvisiert im September des kommenden Jahres fertig. Die radioaktiven und die chemischen Werte des eingeleiteten Abwassers werden kontinuierlich kontrolliert. Sie sind stets unterhalb der Vorgaben für die Trinkwasserversorgung. Unser Abwasser hat somit Trinkwasserqualität - sagt Markus Willicks. Offenbar ausgeräumt sind die Differenzen mit Naturschutzverbänden über die Einleitung belasteten Wassers in die Elbe. Kritiker auf beiden Seiten der Elbe hatten moniert, dass Kraftwerksbetreiber Vattenfall Werte genehmigt wurden, deren Höhe dem Regelbetrieb der Anlage entsprach. Dabei ist das Kernkraftwerk inzwischen brennelementefrei und seit 2007 ohnehin vom Netz. „Wir haben uns nach Gesprächen mit mehreren Umweltverbänden und Bürgerinitiativen sowie dem Umweltministerium darauf verständigt, die bereits genehmigten Grenzwerte für die Einleitung radioaktiver Abwässer in die Elbe um 2,7 Prozent zu senken“, teilte Willicks mit. Wir akzeptieren den politischen und offenkundig mehrheitlichen Willen der Bevölkerung und auch, dass die Atomenergie keine Brückentechnologie im Rahmen des CO2-Ausstieg sein soll - sagte Ingo Neuhaus, Technischer Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy. Die Kraftwerksgegner hätten zwar lobend anerkannt, dass sich Vattenfall in der Vergangenheit stets an das Minimierungsgebot gehalten und die genehmigten Grenzwerte selbst während des Betriebes zu weniger als 0,01 Prozent ausgeschöpft habe, und doch erzeugte der Antrag auf Einleitung von Abwasser in die Elbe mit den übernommenen Werten sowie für den Bau einer rund 200 Meter langen Ableitung zur besseren Verdünnung der radioaktiv kontaminierten Abwässer für Misstrauen. „Die radioaktiven und die chemischen Werte des eingeleiteten Abwassers werden kontinuierlich kontrolliert. Sie sind stets unterhalb der Vorgaben für die Trinkwasserversorgung. Unser Abwasser hat somit Trinkwasserqualität“, unterstrich Willicks. Im Kraftwerk hätten sich der Verdünnungs- und Einleitungsvorgang technisch bedingt verändert. „Wir werden uns weiter an das Minimierungsgebot halten und auch die neuen Grenzwerte nicht ausreizen.“
Vorbild Schweden
Völlig unkommentiert mochte Ingo Neuhaus, technischer Geschäftsführer der Vattenfall Europe Nuclear Energy, den Ausstieg aus der Kernenergie nicht lassen: „Wir akzeptieren den politischen und offenkundig mehrheitlichen Willen der Bevölkerung und auch, dass die Atomenergie keine Brückentechnologie im Rahmen des CO2-Ausstieg sein soll.“ Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Elektromobilität zeichne sich jedoch ein steigender Strombedarf ab. Das schaffe Potenzial für Technologien zur Erzeugung erneuerbaren Stroms, denen sich das Unternehmen längst angenommen habe. Neuhaus: „In Schweden geht man in Sachen Energiewende und der Nutzung von Kernkraftenergie einen etwas anderen Weg.“ Dort gilt die Nutzung von Atomenergie inzwischen als „klimasmart“.