Die Hauptarbeit wartet noch    DLZ vom 17.05.2018
In diesem Jahr will Vattenfall mit der Zerlegung der Reaktordruckbehälter beginnen Von Hengameh Habib Brunsbüttel - Es ist eine Mammutaufgabe, vor die der Energiekonzern Vattenfall steht. Der Rückbau des Atomkraftwerks in Brunsbüttel erfordert viel Feinarbeit und jede Menge Zeit. Am Dienstagabend informierte das Unternehmen die Öffentlichkeit über den aktuellen Stand und erläuterte die nächsten Schritte. Zehn bis 15 Jahre, so ist die Erfahrung, wird es dauern, bis der Rückbau komplett abgeschlossen ist. Zwar kommen die Mitarbeiter diesem Ziel jeden Tag etwas näher, doch die Hauptaufgabe wartet noch auf sie. Im Februar hat Vattenfall Einzelbrennstäbe in ein schwedisches Forschungsinstitut transportiert. „Es gab insgesamt drei Transporte mit 13 Einzelbrennstäben", berichtete Markus Willicks, Leiter des Kernkraftwerks Brunsbüttel (KKB). Von den Untersuchungen erhofft sich Vattenfall Erkenntnisse für die Zwischenlagerung von Sonderstäben. Mit dem letzten Transport am 17. Februar gilt das KKB als brennstofffrei, das heißt, dass keine Brennstäbe mehr hier vor Ort sind. Der nächste Schritt, der nun ansteht, ist der Bau des Lagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle - kurz Lasma. Im Juli soll der Start für den Bau, der zwei Jahre dauern wird, erfolgen. Im Lasma wird Vattenfall die radioaktiven Abfälle Zwischenlagern, bevor ein endgültiger Platz dafür gefunden wird. Der Energiekon zern selbst wird das Lager nur bauen, dann wird das Gebäude an die Bundesgeselle schaft für Zwischenlagerung übergeben. Die Kavernen sind so gut wie leer, lediglich in der Kaverne 6 sind noch Fässer untergebracht. „Anfang Februar hatten wir damit begonnen, auch diese Kaverne zu leeren, allerdings mussten wir die Arbeit Ende März unterbrechen, da ein Kran kaputt gegangen ist", so Willicks. Bislang wurden 43 Fässer aus der Kaverne entfernt, 201 sind noch übrig. Noch in diesem Jahr sollen auch diese weggeräumt sein. Das Maschinenhaus für Reststoffbearbeitung, das im vergangenen Jahr in Betrieb genommen wurde, bekommt in den nächsten Jahren eine zunehmend größere Bedeutung. „Da wird die Musik spielen", sagte Markus Willicks. Alles, was sich im KKB befinde, müsse durch das Maschinenhaus. Dort werde alles gereinigt, in Stücke zerlegt und getrocknet. Das Ziel sei es, die Metalle von radioaktiven Stoffen zu befreien. „Am Ende bleiben wenige Prozente an radioaktivem Abfall über." Die Mitarbeiter hätten an einem Turbinengehäuse bereits geübt, wie sie zukünftig vorgehen müssten. Die Stücke, die keine Radioaktivität mehr aufweisen, werden freigegeben und recycelt. Der radioaktive Abfall landet im Lasma. Abfälle sind insgesamt ein großes Thema. Um möglichst wenig zu produzieren, wird immer wieder geprüft, wie die Container maximal verwendet werden können. Aktuell rechnet der Konzern damit, dass er 144 Behälter für 175 Tonnen Material benötigen wird. Zwischenzeitlich hat Vatten fall außerdem die Stilllegung-und Abbaugenehmigung (SAG) beantragt. Diese ist zwingend erforderlich, um mit der Hauptarbeit, der Zerlegung der Reaktordruckbehälter beginnen zu können. Die Genehmigung wird voraussichtlich im September vorliegen. „Wenn wir die SAG bekommen, können wir nicht sofort loslegen. Daran sind Anforderungen geknüpft, für deren Umsetzung einige Wochen oder Monate vergehen werden." Etwa gegen Ende des Jahres soll dann mit der Zerlegung begonnen werden. Und die hat es in sich, weil sie unter Wasser geleistet werden muss. Das Innenleben der Reaktordruckbehälter sei stark radioaktiv, deswegen handele es sich dabei ausschließlich um Abfall erläuterte Ralf Oberhäuser von der Firma Orano. Sie ist für diese Arbeit zuständig. Nach den Kernelementen seien die Einbauten des Reaktordruckbehälters am höchsten belastet. „Die Zerlegung ist eine große technische Herausforderung, weil alles unter Wasser mithilfe eines Roboters passiert", so Oberhäuser. Dieser sei aus einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt entstanden und bereits in anderen Atomkraftwerken zum Einsatz gekommen. Das Personal wird vorab mithilfe von Modellen trainieren können, um ein Gefühl zu entwickeln, wie der Roboter arbeitet. Und auch dort liegt der Fokus darauf, möglichst wenig Müll zu produzieren. Nach Worten von Oberhäuser wird die Zerlegung der Kerneinbauten eineinhalb bis zwei Jahre dauern.