Unendliche Geschichte    DLZ vom 19.01.2018
Konzept für den Umgang mit atomaren Zwischenlagern gefordert Von Michaela Reh Brunsbüttel - Die Suche nach einem Endlager in Deutschland für den hochradioaktiven Atommüll ist aufwendig. Bis ein Standort gefunden ist, wird noch viel Zeit vergehen. Um so wichtiger sei es, noch in diesem Jahr mit der Erarbeitung eines Konzepts für die Zwischenlager an den Atomkraftwerks-, Standorten zu beginnen. Ein Fazit, das Bürgermeister Stefan Mohrdieck (parteilos) nicht erst nach dem Kongress des Nationalen Begleitgremiums mit dem provokativen Titel „Zwischenlager ohne Ende?" in Karlsruhe zieht. Das Nationale Begleitgremium unter Vorsitz des früheren Bundesumweltministers Klaus Töpfer (CDU) soll das sogenannte Standortauswahlverfahren bis zur Entscheidung begleiten und die Beteiligung der Öffentlichkeit sicherstellen. „Die Mitglieder haben während des Kongresses deutlich gemacht, dass möglichst schnell mit dem Konzept für die Zwischenlager gestartet werden muss", sagt Mohrdieck. Schon jetzt sei absehbar, dass die Genehmigungen von jeweils 40 Jahren für die verschiedenen Zwischenlager in Deutschland auslaufen, bevor das Endlager in Betrieb gehen kann. Auch in Brunsbüttel wird das der Fall sein. Dort besteht zurzeit eine Besonderheit: Nachdem das Oberverwaltungsgericht Schleswig der Klage eines Brunsbüttelers im Jahre 2013 stattgegeben hatte, wird die Einlagerung von Castorbehältern zurzeit nur geduldet, zunächst befristet auf Anfang dieses Jahres. Auf Antrag des Betreibers Vattenfall läuft ein erneutes Genehmigungsverfahren, das Vattenfall zufolge „wegen seiner Komplexität und des Umfanges nicht bis zum Ende dieses Monats abgeschlossen sein wird". „Die atomrechtliche Aufsichtsbehörde in Kiel hat deshalb im vergangenen Dezember eine Anordnung getroffen, mit der die Lagerung des Kernbrennstoffs im Zwischenlager Brunsbüttel um zwei Jahre verlängert wurde", schreibt Vattenfall-Pressesprecherin Sandra Kühberger auf Nachfrage. Wie dem auch sei: „Es muss zügig an einer Lösung für alle Lager gearbeitet werden", sagt Stefan Mohrdieck. Dabei gebe es mehrere Alternativen: „Man könnte zum Beispiel ein zentrales Zwischenlager deutschlandweit einrichten, und die anderen schließen." Von dieser Variante halte er inzwischen nicht mehr viel: „Die Suche wird doch ähnlich schwierig und zeitintensiv wie die Suche nach einem Endlager." Möglich wäre auch, mehrere zentrale Lager zu errichten oder aber die bestehenden nachzurüsten und die Genehmigungen zu verlängern. Letzteres sei schwierig: Sicherheitstechnisch und organisatorisch seien die Zwischenlager nicht für einen Betrieb ohne Ende geeignet. Daran ändern auch sicherheits- und sicherungsbezogene Nachrüstungen nichts. „Wenn die Zwischenlager über den zunächst genannten Zeitraum hinaus betrieben werden sollen, müssten die betroffenen Kommunen einen wirtschaftlichen Ausgleich erhalten", so Mohrdieck. Das würden auch die Bürgermeister der übrigen Städte fordern. Zuständig für die Erarbeitung eines Entwurfs für die Zwischenlager ist die neue Bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ). Die Standortgemeinden und die Bürger müssten beteiligt werden, das Verfahren müsse mit angemessener Transparenz und verwertbarer Participation gestaltet werden. Der Diskurs über das Zwischenlagerkonzept könnte laut Mohrdieck auch ein „Lernort" für das Auswahlverfahren zum Endlagerstandort sein. In Deutschland sind Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle an insgesamt 16 Standorten in Betrieb. Die jeweils auf 40 Jahre befristeten Genehmigungen laufen in den Jahren 2034 bis 2047 aus.